du-machst.de: Valkaama
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Date: March 07, 2010 05:53PM
Jana Jessen hatte 2009 einen Artikel auf du-machst.de über Valkaama veröffentlicht. Da die Webseite inzwischen eingestellt wurde und somit kein Zugriff auf die dort geschriebenen Artikel mehr möglich ist, veröffentliche ich den Text hier. Mit freundlicher Genehmigung von Jana Jessen.
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DU machst Filme
Es war einmal ein junger Mann, der mit einer geliehenen Kamera, einem Script und einer ungefähren Vorstellung nach Krakau fuhr, um dort einen Film zu drehen. So oder so ähnlich könnte die Geschichte von Tim Baumann und seinem Filmprojekt Valkaama beginnen. Inspiriert von dem gleichnamigen Roman seines Cousins Hendrik Behnisch wollte sich der Informatikstudent einen Lebenstraum erfüllen. »Ab Herbst 2006 musste ich in der Uni nicht mehr auftauchen, sondern nur noch meine Diplomarbeit schreiben. Ich habe diese dann so angelegt, dass ich dazu auch einen Film drehen kann«, erklärt der Berliner.
Die Aufnahmen wurden im Sommer 2007 gemacht. Doch heute, eineinhalb Jahre später, ist der Film immer noch nicht fertig. Das liegt daran, dass sich Tim für eine andere Art der Produktion und Veröffentlichung entschieden hat. Open Source Film ist hier das Stichwort. Dabei geht es darum, dass sich jeder, der möchte, an der Entwicklung des Films beteiligen kann. »Bei der Suche nach einem passenden Thema für meine Diplomarbeit bin ich auf Open Source Filme gekommen«, erklärt Tim.
Nach dem Dreh im polnischen Krakau, der von vielen Schwierigkeiten wie etwa die Suche nach passenden Schauspielern und schlechte Wetterbedingungen geprägt war, hat Tim das Filmmaterial ins Internet auf die Homepage des Films gestellt. Ab diesem Zeitpunkt konnten sich Leute melden, die zum Beispiel Lust haben, den Film zu schneiden, Musik zu machen oder den Ton zu bearbeiten - so die Idee der Open Source Filmproduktion, bei der sich jeder an der Herstellung beteiligen kann. Leider sah die Realität bei Valkaama etwas anders aus. »Grundsätzlich haben sich viele Leute interessiert gezeigt und hatten auch Lust was zu machen. Jedoch haben wir meistens nach der ersten E-Mail nichts mehr von ihnen gehört. Somit waren wir gezwungen die erste Schnittfassung selbst zu machen. Ähnlich lief es bis jetzt mit der Tonbearbeitung«, macht der Student deutlich.
Der erste Film mit Open Source Konzept wurde in Deutschland 2004 veröffentlicht und heißt »Route 66«. Er ist auf einer Reise durch die USA entstanden und thematisiert die Liebe der Amerikaner zu ihren Autos. Das besondere an Open Source Filmen ist, dass sie, mitsamt der dem Film zugrunde liegenden Quellmaterialien, für jeden im Internet kostenlos zugänglich sind.
Tims Film erzählt von zwei ungleichen Charakteren, deren Wege sich auf schicksalhafte Weise kreuzen, als sie sich auf die Suche nach dem geheimnisvollen Ort Valkaama begeben. Im Laufe ihrer Reise stellt sich heraus, dass die Beiden, obwohl ihr Leben bis jetzt in absolut ungleichen Bahnen verlief, mehr gemeinsam haben, als sie sich vorstellen konnten.
»Ich würde es wahrscheinlich wieder machen, aber nur wenn alles etwas mehr geplant ist«, sagt der Optimist abschließend. Trotz oder gerade wegen des für Filmproduktionen minimalen Budgets von 2000 Euro ist Tim sehr stolz auf das Ergebnis. Mit diesem Geld hätte er ganze sieben Sekunden eines Tatorts produzieren können. Besonders fasziniert an Tim, der bei seinem Filmprojekt Produzent, Regisseur, Schauspieler, Cutter, Kameramann und Drehbuchautor war, ist, dass er nie aufgegeben hat, an die Verwirklichung des Films zu glauben. Auch jetzt nicht, wo der Film immer noch nicht beendet ist. »Es müssen eben die richtigen Leute gefunden werden. Mir ist es lieber, es dauert alles ein wenig länger, als wenn der Film mir hinterher nicht so gut gefällt«, macht das Multitasking-Talent deutlich.
Es ist groß, etwas übergewichtig und ziemlich tollpatschig. Das niedliche Kaninchen im gezeichneten Open Source Film »Big Buck Bunny« genießt die Natur und seine Umwelt. Doch der Frieden hält nicht lange als drei schwer zu definierende Tiere die Stille stören. Von der Aufmachung her könnte es »Big Buck Bunny« leicht mit einer Disney-Produktion aufnehmen. Jan Morgenstern war an dem großen Erfolg des Open Source Films nicht ganz unschuldig – er hat die Musik und den Ton produziert. »Es hat wahnsinnigen Spaß gemacht, zum zweiten Mal für den Produzenten Ton Roosendaal zu arbeiten. Die Musik für Big Buck Bunny ist vollständig elektronisch und damit alleine von mir produziert worden«, erklärt Jan (28 Jahre). Vor dem Film mit dem übergewichtigen Kaninchen hat die Crew den ersten gezeichneten Open Source Film »Elephants Dream« produziert. Trotzdem unterscheidet sich »Big Buck Bunny« von anderen Open Source Filmen. Gemacht wurde er mit der Open Source Software »Blender«, die von Ton Roosendaal, dem Chefentwickler, für die Erstellung von 3D-Filmen produziert wurde. Somit ist »Big Buck Bunny« entstanden, um zu zeigen, was das Programm alles kann aber auch, um die Software selbst zu verbessern. Hierbei wurde eine Crew gecastet, um die Ideen in einem relativ kurzen Zeitrahmen richtig umzusetzen. Trotzdem bleibt der Film ein Open Source Movie. Warum? Weil jeder, der sich ein wenig mit dem Programm Blender auskennt, mit Hilfe der zum Film gelieferten Quelldateien, diesen verändern kann, so wie es ihm gefällt. »Ich würde auf jeden Fall auch noch ein drittes Mal mit Ton zusammenarbeiten. Aber wann das sein wird, ist noch nicht klar«, sagt Jan Morgenstern abschließend.
Und jetzt seid ihr gefragt – jeder der will, kann sich bei der Produktion von Open Source Filmen engagieren. Vielleicht habt ihr ja noch ein paar gute Ideen, die Tim, Jan und Co. bei ihrer Filmrealisation helfen können. Alles ist möglich.
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